In manchen Fällen kann es notwendig werden, die Gesundheit des Kindes schon vor der Geburt (pränatal) genauer zu untersuchen. Bei den meisten dieser Untersuchungen werden spezielle Ultraschallgeräte eingesetzt. Für das Kind im Mutterleib und auch für die Mutter selbst sind diese Untersuchungen schonend und völlig gefahrlos.
Die vorgeburtliche Untersuchung von kindlichen Organen (Pränataldiagnostik) erfordert eine spezielle Ausbildung der untersuchenden Ärzte sowie eine hohe Technologie der eingesetzten Ultraschallgeräte. Frau Dr. Claudia Hugger, langjährige Oberärztin der Frauenklinik, ist auf die vorgeburtliche Diagnostik spezialisiert und verfügt über die Anerkennung der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM Stufe II). Sie führt die notwendigen Untersuchungen ambulant durch.
Alle Untersuchungen werden umfassend mit den werdenden Eltern besprochen. Durch die enge Zusammenarbeit mit unserer Kinderklinik können jederzeit Spezialistinnen für Neugeborenenmedizin (NeonatologInnen oder KinderchirurgInnen) zu einer Beratung hinzugezogen werden, falls eine Erkrankung des Kindes zu erwarten ist. Dadurch können wir die Behandlungsmöglichkeiten des Kindes bereits vor der Geburt mit den werdenden Eltern besprechen.
Für die speziellen Untersuchungen der Pränataldiagnostik ist eine Überweisung durch einen Facharzt oder eine Fachärztin erforderlich. Die Kosten bestimmter Untersuchungen werden jedoch nicht von allen gesetzlichen Krankenkassen übernommen und können ggf. nur als IGEL-Leistung in Anspruch genommen werden.
Das so genannte Ersttrimester-Screening (ETS) umfasst die frühe Feindiagnostik zum Ausschluß struktureller (organischer) Fehlbildungen, die Nackentransparenzmessung mit einer Risikoberechnung für die 3 häufigsten Chromosomenstörungen und die Früherkennung von Präeklampsie. Es kann Ende zwischen den Schwangerschaftswochen 11+1 und 13+6 durchgeführt werden.
Im Mittelpunkt des ETS steht eine umfassende Ultraschalluntersuchung, mit der bereits zu einem frühen Zeitpunkt der Schwangerschaft die kindliche Anatomie sorgfältig untersucht wird und Aussagen über die fetale Entwicklung möglich sind. Untersucht werden beispielsweise die frühe Hirnentwicklung, Wirbelsäule, Herz, Bauchwand, Nieren, Darm, Harnblase und die Extremitäten. Unter optimalen Bedingungen können diese Organsysteme bereits so genau untersucht werden, dass ca. 60-80% der schweren Organfehlbildungen und bis zu 80% der schweren Herzfehlbildungen in dieser Zeit diagnostiziert werden können.
Die Nackentransparenz (nuchal translucency, NT oder Nackenfalte genannt) ist eine Falte im Bereich des kindlichen Nackens, die durch Flüssigkeitsansammlung entsteht. Eine vergrößerte Nackenfalte kann durch mögliche Erkrankungen des Babys entstehen. Dabei kann die vergrößerte Nackenfalte einerseits auf eine Chromosomenstörung (z.B. Down-Syndrom -auch Trisomie 21 genannt- ) hindeuten oder auch auf eine Fehlbildung, wie zum Beispiel einen Herzfehler. Wenn Sie eine Wahrscheinlichkeitsaussage über das Risiko für die häufigen Chromosomenstörungen Trisomie der Chromosomen 13, 18 und 21 erhalten möchten, ermitteln wir mittels Ultraschall die Nackentransparenz (auch Nackenfalte oder NT) Ihres Kindes. Parallel dazu können Hormonuntersuchungen des mütterlichen Blutes zur Risikoberechnung für eine Trisomie durchgeführt werden. In etwa drei Prozent der untersuchten Schwangerschaften kann es zu einem auffälligen Ergebnis kommen.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass mit Sicherheit eine Chromosomenstörung vorliegt, sondern lediglich, dass ein erhöhtes Risiko dafür besteht. Der sichere Nachweis einer Chromosomenstörung ist nur durch die direkte Untersuchung von Zellmaterial möglich. Dies erfordert eine Punktion für die Gewinnung von Fruchtwasser (Amniozentese), Plazentagewebe (Chorionzottenbiopsie) oder Nabelschnurblut. Diese „invasiven“ Methoden sind mit einem sehr geringen Fehlgeburts-Risiko verbunden. Eine verbreiterte Nackentransparenz kann aber auch andere Ursachen als eine Chromosomenstörung haben. Herzfehler, Zwerchfell-/Nabelbruch, Skelettfehlbildungen oder Stoffwechseldefekte können zu diesen Ursachen gehören.
Insbesondere wenn ein anschließend durchgeführter Chromosomenbefund unauffällig war, sollten daher gezielte Untersuchungen (z.B. eine Feindiagnostik bereits vor der 20.SSW) folgen, um mögliche Ursachen für eine verbreiterte Nackentransparenz ausschließen bzw. bestimmen zu können.
In manchen Fällen können sich im Verlauf einer Schwangerschaft auch durch die Schwangerschaft selbst bedingte Krankheiten z.B. die Präeklampsie entwickeln. Die Präeklampsie (Gestose, Schwangerschaftsvergiftung) kommt in Deutschland bei 2-3 von 100 Schwangeren und vor allem bei Erstgebärenden vor.
In der zweiten Schwangerschaftshälfte tritt bei einer Präeklampsie hoher Blutdruck auf, häufig verbunden mit einer vermehrten Eiweißausscheidung im Urin. Gleichzeitig kommt es zu einer verminderten Durchblutung des Mutterkuchens. In besonders schweren Fällen kann es zur Störung der Leber- und Nierenfunktion, zu Gerinnungsstörungen und zu Krampfanfällen kommen. Beim Ungeborenen führt die Präeklampsie zu vermindertem Wachstum, verringertem Geburtsgewicht und Verzögerung der Lungenreife. Wegen der kindlichen und mütterlichen Gefährdung ist es oft notwendig, als Therapie eine vorzeitige Entbindung einzuleiten, um Mutter und Kind vor lebensbedrohlichen Komplikationen zu schützen.
Der große Vorteil des frühen Screenings auf Präeklampsie liegt in der Bestimmung des Risikos zu einem Zeitpunkt der Schwangerschaft, in der man durch Beginn einer Gabe von niedrig dosiertem Aspirin (ASS) aktiv das Risiko für das Auftreten der Präeklampsie verringern kann.
Dazu werden im Rahmen des Screenings folgende, zusätzliche Untersuchungen durchgeführt:
So können ca. 80-90% der Schwangeren erkannt werden, die eine frühe Präeklampsie entwickeln (häufig schwerer verlaufende Form) und ca. 35% der Frauen, bei denen die Erkrankung nach der 34. SSW auftreten wird.
Zeigt der Screening-Test ein erhöhtes Risiko für eine später auftretende Präeklampsie an, so steht heute mit der möglichst umgehenden täglichen Einnahme von niedrig dosiertem ASS (100-150mg) bis zur 36. SSW eine Therapie zur Verfügung, die über 75% der frühen (häufig schwerer verlaufenden) Form und knapp 40% der späten Verlaufsform verhindern kann. Bedingung hierfür ist allerdings ein früher Beginn der Therapie vor der 16. SSW.
Es gibt seit einigen Jahren Testverfahren zum Nachweis zellfreier fetaler DNA (NIPT) aus dem mütterlichen Blut. Diese Tests dienen zum Nachweis von
▪ Trisomie 21 (Down-Syndrom)
▪ Trisomie 18 (Edwards-Syndrom)
▪ Trisomie 13 (Pätau-Syndrom)
▪ Geschlechtschromosomale Störungen (XO, XXY, XXX, XYY, XXYY)
▪ Mikrodeletion 22q11.2 (DiGeorge-Syndrom)
Auf Wunsch kann zusätzlich das kindliche Geschlecht bestimmt werden.
Entsprechend dem deutschen Gendiagnostikgesetz darf dieses erst ab der Schwangerschaftswoche 14 + 0 (p.m.) mitgeteilt werden.
Die Untersuchung ist risikofrei ab der 10+0 SSW durchführbar, das Resultat liegt ca. 5 Tage nach der Blutabnahme vor. Der NIPT erfordert eine ausreichende Menge fetaler Zellen im mütterlichen Plasma, der Anteil der Testversager liegt bei ca. 2%. Es besteht eine Abhängigkeit vom Schwangerschaftsalter, dem mütterlichen Gewicht und zusätzlichen Faktoren. Die Quote an Testversagern liegt in Zwillingsschwangerschaften bei ca. 9%. Bei höhergradigen Mehrlingsschwangerschaften oder einem abgestorbenen Zwilling (vanishing twin) ist die Durchführung nicht möglich.
Für den im Klinikum Esslingen angebotenen Harmony-Test gilt zur Zeit eine Erkennungsrate von ca. 99% für die Trisomie 21 bei einer Falsch-Positiv-Rate von 0.06%. Die Erkennungsrate für die Trisomie 18 wird mit 97% angegeben bei einer Falsch-Positiv-Rate von 0,01%. Für die Trisomie 13 wird eine Erkennungsrate von 93,8% bei einer Falsch-Positiv-Rate von 0.01% angegeben. Die Durchführung des Test ist bei Zwillingsschwangerschaften auch möglich, die Erkennungsrate für Trisomie 21 wird in einer Metaanalyse mit 98,2% angegeben, für die Trisomie 18 88,9%, es muss allerdings mit einer reduzierten Erkennungsrate für die Trisomie 13 (ca.60%) gerechnet werden.
Der NIPT ersetzt nicht die klassische Fruchtwasserpunktion, da er keine 100% Sicherheit bieten kann. Ein ungünstiges Test-Ergebnis bedarf immer einer Bestätigung mittels einer invasiven Diagnostik. Dem NIPT sind jedoch Grenzen in der Detektion von Mosaiken oder strukturellen Chromosomenveränderungen gesetzt. Mit dem NIPT können außerdem keine organischen Störungen oder andere Erkrankungen des ungeborenen Kindes nachgewiesen werden.
Viele dieser Erkrankungen können nur mittels eines genauen Ultraschalls, häufig schon ab der 12./13. Schwangerschaftswoche, erkannt werden. Daher kann ein NIPT eine gründliche Ultraschalluntersuchung keinesfalls ersetzen und sollte stets durch eine sonographische frühe Feindiagnostik ergänzt werden, um Fehlbildungen des Foeten auszuschließen und um falsch negative Befunde zu reduzieren
Zwischen der 19. und der 22. Schwangerschaftswoche ist es sinnvoll, einen so genannten „großen“ Organ-Ultraschall durchzuführen. Dieser ist wesentlich umfangreicher als der Ultraschall, der nach den Mutterschaftsrichtlinien in diesem Zeitraum gefordert ist. Neben speziellen Geräten erfordert er eine spezielle Ausbildung des untersuchenden Arztes/Ärztin.
Die spezielle Organ-Ultraschalluntersuchung wird von Ihrem Frauenarzt/in nur bei bestimmten Indikationen veranlasst. So zum Beispiel:
Liegt einer dieser Gründe vor, überweist Sie Ihr Frauenarzt/in zu einer Organ-Ultraschalluntersuchung. Die Kosten der Untersuchung werden dann von den Krankenkassen übernommen. Die Feindiagnostik kann aber auch als IGEL-Leistung in Anspruch genommen werden. Die Kosten betragen 200-250 Euro.
Bei guten Untersuchungsbedingungen, wobei die Lage des Kindes und die Stärke der mütterlichen Bauchdecke eine entscheidende Rolle spielen, dauert eine umfassende Ultraschall-Untersuchung etwa 30 bis 40 Minuten. Dabei betrachten wir alle darstellbaren Organe und Merkmale des Ungeborenen:
Die Untersuchung des kindlichen Herzens mit Ultraschall (fetale Echokardiographie) ist Bestandteil der Organ-Diagnostik in der 19. bis 22. Schwangerschaftswoche.
Die Untersuchung des kindlichen Herzens ist mehr noch als die Beurteilung eines jeden anderen Organsystems davon abhängig, wie qualifiziert und erfahren der Untersucher ist. So können manche Herzfehlbildungen schon beim Ersttrimester-Screening auffallen (12.-14. Schwangerschaftswoche). Eine entscheidende Rolle spielt auch die Qualität des Ultraschallgerätes. Herz und Kind sind permanent in Bewegung, so dass das Erfassen kleiner Strukturen sehr schwierig sein kann. Die Echokardiographie stößt aus diesen Gründen bei manchen Herzfehlbildungen an ihre Grenzen.
Eine umfassende fetale Echokardiographie erfolgt zunächst in Schwarz-Weiß-Darstellung. Mit Hilfe der farbkodierten Doppler-Sonographie werden weitere Details untersucht. Die meisten Herzfehler sind gut behandelbar. Leben und Gesundheit eines Kindes können aber entscheidend von der Diagnostik am Herzen und der frühzeitigen Erkennung eines möglichen Fehlers abhängen. Herzfehler treten immer wieder in Kombination mit Chromosomenfehlern oder genetischen Syndromen auf. Bei einem auffälligen Untersuchungsbefund des kindlichen Herzens bieten wir den Eltern daher eine Untersuchung des kindlichen Erbgutes an. Häufig kann bereits vor der Geburt die Schwere des Herzfehlers festgestellt werden. Leichtere Fehler lassen sich oft sehr gut und erfolgreich in unserer Kinderklinik behandeln. Bei schwerwiegenden Herzfehlern werden Mutter und Kind rechtzeitig in ein herzchirurgisches Zentrum verlegt, um eine optimale Versorgung des Kindes unmittelbar nach der Geburt zu gewährleisten.
Mit der Gewinnung von Mutterkuchengewebe (CVS) ist ein frühzeitiger und sicherer Ausschluss von Chromosomenanomalien, zum Beispiel bei auffälligem Ersttrimester-Screening, möglich. Eine CVS kann nach der abgeschlossenen 11. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden.
Der Eingriff wird unter Ultraschallsicht durch die Bauchdecke mit einer dünnen Punktionsnadel durchgeführt. Da der Eingriff nicht sehr schmerzhaft ist, ist eine lokale Betäubung nicht erforderlich. Das Fehlgeburtsrisiko durch diese Untersuchung liegt unter einem Prozent. Wir empfehlen den Schwangeren, am Punktionstag und am Folgetag zu Hause zu bleiben und sich zu schonen. Ein bis zwei Tage nach dem Eingriff sollte eine Kontrolluntersuchung beim betreuenden Frauenarzt stattfinden.
Das Kurzzeit-Ergebnis der Chromosomenanalyse liegt fast immer nach zwei Arbeitstagen vor. Dieser Befund ist sehr zuverlässig, wird jedoch immer durch eine Langzeitkultur, die neun bis zwölf Tage benötigt, bestätigt.
Der Doppler-Ultraschall stellt den Blutfluss in den kindlichen und einem Teil der mütterlichen Gefäße farbig und akustisch dar. Auf diese Weise lässt sich die Blutversorgung des Kindes beurteilen.
Eine Doppler-Untersuchung ist sinnvoll z.B. bei
Bei der Doppler-Untersuchung werden das kindliche Wachstum, die Fruchtwassermenge sowie die Plazenta beurteilt. Anschließend wird der Blutfluss in den kindlichen Gefäßen (z.B. Gehirngefäße, Nabelschnur) und in den Gebärmuttergefäßen gemessen.
Die Untersuchung gibt Aufschluss über akute oder chronische Mangelzustände des Ungeborenen sowie über die Funktion der Plazenta (Mutterkuchen). Ist die Doppler-Untersuchung unauffällig kann die Mutter in der Regel beruhigt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Ultraschall ein unzureichendes Wachstum des Kindes ergeben hat. Manche Kinder sind eben einfach klein, ohne dass eine Erkrankung vorliegt.
Eine auffällige Doppler-Untersuchung kann ein zukünftiges Gesundheitsproblem des Kindes frühzeitig vorhersagen. Durch eine intensivierte Überwachung kann der Zustand des Kindes dann jederzeit überwacht werden. Sollte die Blutversorgung des Kindes (die durch die Doppler-Untersuchung gut überwachbar ist) eine kritische Grenze unterschreiten, muss die Schwangerschaft vorzeitig beendet werden. Die Doppler-Untersuchung ist dabei eine sehr wichtige Untersuchungsmethode, um den richtigen Zeitpunkt für die Entbindung festzulegen.
Die Fruchtwasseruntersuchung (Amniozentese, AC) ist die häufigste Untersuchungsmethode, um Trisomien (z.B. Morbus Down) und andere Chromosomenanomalien sicher auszuschließen. Die Amniozentese wird üblicherweise nach Abschluss der 16. Schwangerschaftswoche durchgeführt.
Das Risiko, durch die Untersuchung eine Fehlgeburt auszulösen ist sehr gering (< 1%). Unter direkter Ultraschallsicht wird mit der sehr dünnen Punktionsnadel durch die Bauchdecke Fruchtwasser entnommen. Der Eingriff ist nicht sehr schmerzhaft, eine Betäubung ist daher nicht erforderlich. Wir empfehlen den Schwangeren, am Punktionstag und am Folgetag zu Hause zu bleiben und sich zu schonen. Ein bis zwei Tage nach dem Eingriff sollte eine Kontrolluntersuchung beim betreuenden Frauenarzt stattfinden.
Bis das Ergebnis der Chromosomenuntersuchung vorliegt, dauert es zirka zehn bis 14 Tage. Routinemäßig werden auch die Proteine Alpha -1-Fetoprotein (AFP) und Acetylcholinesterase (ACHE) zum weitest möglichen Ausschluss von Spaltbildungen der Wirbelsäule und Bauchwand im Fruchtwasser bestimmt. Auf Wunsch kann im Labor zusätzlich noch ein Schnelltest (FISH-Test oder PCR-Test) durchgeführt werden. Dieser liefert zu den häufigsten Chromosomenstörungen bereits nach ein bis zwei Tagen ein Ergebnis. Die Kosten für den Schnelltest werden von den gesetzlichen Krankenkassen nur in Ausnahmenfällen übernommen.
OÄ Dr. med. Claudia Hugger
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